Peteranderl: "Stimmungsampel springt auf Grün"Virtuelle Vollversammlung der Handwerkskammer
15. Juni 2021
Handwerkskammer-Präsident Franz Xaver Peteranderl erwartet in den kommenden Monaten eine deutliche Aufhellung der Handwerkskonjunktur: „Die Stimmungsampel im oberbayerischen Handwerk springt auf Grün. Viele Verbraucher werden ihren 2020 aufgeschobenen Konsum nachholen. Der Wohnungsbau stützt sich auf eine stabil hohe Nachfrage. Auch die Industrie kann mit ihren Exporterfolgen rasch Boden gutmachen; davon sollten die Zulieferbetriebe aus dem Handwerk profitieren. Sorgen machen uns allerdings die Materialengpässe“, betonte Peteranderl bei der virtuellen Vollversammlung der Handwerkskammer. Durch fehlende Rohstoffe geraten Baumaßnahmen ins Stocken. „Viele unserer Handwerksbetriebe sind von der Materialknappheit bei Holz, Kunststoffprodukten, Dämmstoffen, Farben, Baustahl und Metallerzeugnissen betroffen. Knappheit treibt die Preise und drückt auf die Erträge der Betriebe. Es gilt daher, Kundenbeziehungen zu stärken. Wir müssen die regionalen Lieferketten besser pflegen und durch die Corona-Krise bringen“, sagte der Kammerpräsident.
Lob fand Peteranderl für die Neuauflage des Förderprogramms „Ausbildungsplätze sichern“. Damit werden Ausbildungsbetriebe unterstützt, die trotz der Corona-Krise auf gleichem Niveau oder sogar darüber ausbilden. „Seit Anfang Juni läuft das Programm mit wesentlich besseren Konditionen. Es wurde finanziell aufgestockt und die Zugangsvoraussetzungen wurden erleichtert.“ Zur Ausbildungsprämie kommt noch ein Lockdown-II-Sonderzuschuss für Kleinstunternehmen mit bis zu vier Mitarbeitern hinzu, Zuschüsse zur Ausbildungs- und Ausbildervergütung bei Vermeidung von Kurzarbeit sowie eine Übernahmeprämie für Lehrlinge, die pandemiebedingt gekündigt werden oder deren Ausbildungsbetrieb insolvent ist. Der Kammerpräsident: „So werden mehr Handwerksbetriebe profitieren.“ Doch auch nach der Corona-Krise bleibt der Nachwuchs- und Fachkräftemangel im Handwerk ein zentrales Thema. In Oberbayern sowie dem gesamten Freistaat fehlen Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung, gerade in den Bereichen Bau, Produktion und Fertigung.
Peteranderl begrüßte die seit dem 7. Juni geltenden weitreichenden Lockerungen in Bayern: „Es ist richtig, dass auch die für viele Handwerksbetriebe so wichtigen Bereiche wie Innengastronomie und Veranstaltungen wieder loslegen dürfen. Das ist ein weiterer, erfreulicher Schritt auf dem Weg in Richtung Normalität.“ Mit Blick auf das Klimaschutzgesetz des Bundeskabinetts forderte der Kammerpräsident einen marktwirtschaftlichen Kurswechsel: „Vor allem in den Bereichen Gebäude und Mobilität muss ein Emissionshandelssystem eingeführt werden. Deutsche Alleingänge sind dabei nicht zielführend. Außerdem muss man die durch Corona angespannte wirtschaftliche Lage vieler Betriebe mit entsprechenden Fördermaßnahmen berücksichtigen.“
Hauptgeschäftsführer Dr. Frank Hüpers sieht großen Nachholbedarf im Bereich der Aus- und Weiterbildung. Der ständige Wechsel von Distanzunterricht, Onlineunterricht, Kursabsagen und Nachholterminen führte vor allem im Bereich der Überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung (ÜLU) zu Kursausfällen. Hüpers: „Wir haben in den Gesprächen mit der Politik sehr deutlich auf die Benachteiligung der beruflichen Bildung hingewiesen und Erleichterungen gefordert. Die Anzahl der Gesellenprüfungen ist 2020 mit rund 7.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern annähernd stabil geblieben. Auch die derzeit anstehenden Zwischenprüfungen können zum Großteil durchgeführt werden.“
Beim sogenannten „Lieferkettengesetz“ befürchtet Hüpers auch Auswirkungen auf das Handwerk. „Die Verantwortung wird von den Großunternehmen an alle Zulieferer weitergereicht werden. Damit sind auch unsere Betriebe mittelbar betroffen. Es ist dringend erforderlich, dass die Verpflichtungen auf die erste Zulieferstufe beschränkt bleiben und die Dokumentations- und Berichtspflichten deutlich reduziert werden.“ Ebenfalls relevant für das Handwerk ist der Gesetzentwurf zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts. Die im Entwurf enthaltene Option für Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften, sich wie eine Kapitalgesellschaft besteuern zu lassen, wird von der Handwerkskammer grundsätzlich begrüßt und ist ein Schritt hin zu einer rechtsformneutralen Besteuerung. „Allerdings können Einzelunternehmen und Gesellschaften bürgerlichen Rechts und damit fast 80 Prozent der Handwerksunternehmen nicht optieren. Außerdem sind die komplexen Regelungen des Körperschaftssteuerrechts für viele kleine und mittlere Unternehmen nicht praktikabel“, kritisiert Hüpers. Das Handwerk fordert daher eine ergänzende Verbesserung der Thesaurierungsbesteuerung für Unternehmen, die nicht wechseln können.
Abschließend ging Hüpers auf die Novellierung der Handwerksordnung (HwO) ein. Dabei wird auch die Bedeutung der Innungen als Tarifvertragsparteien betont. Gegenüber dem ursprünglichen Referentenentwurf konnte das Handwerk wichtige Änderungen erreichen. So ist beispielsweise die Regelung, wonach Innungen einen Mitgliederbeschluss zum Abschluss von Tarifverträgen benötigen, entfallen. Ebenso wurde die Zahl der Stellvertreter für Mitglieder im Meisterprüfungsausschuss begrenzt und die Übergangsfrist für das Inkrafttreten der neuen Meisterprüfungsvorschriften von 6 auf 11 Monate heraufgesetzt.
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