Vollversammlung November 2022
Handwerkskammer für München und Oberbayern

Vollversammlung der HandwerkskammerPeteranderl: "Handwerk und Mittelstand dürfen nicht stärker belastet werden, als Großunternehmen und Industrie"

15. November 2022

Kammerpräsident Franz Xaver Peteranderl erwartet für das oberbayerische Handwerk im Gesamtjahr 2022 ein nominales Umsatzwachstum von rund zehn Prozent. Doch angesichts der noch stärker gestiegenen Preise bedeute dies letztlich ein leichtes reales Minus. Die Beschäftigung werde voraussichtlich um 0,6 Prozent zurückgehen, sagte Peteranderl bei der Vollversammlung der Handwerkskammer in München. Er verwies darauf, dass die Inflation die Nachfrage schwäche und die Konjunkturaussichten die Investitionsbereitschaft dämpften. Diesen negativen Einflüssen könne sich auch das Handwerk nicht entziehen, so der Kammerpräsident.

Angesichts der hohen Energiepreise und dem damit zusammenhängenden Entlastungspaket der Bundesregierung stellte Peteranderl fest: „Der Umsatzsteuersatz auf Gaslieferungen und Fernwärme wird rückwirkend vom 1. Oktober 2022 bis Ende März 2024 von 19 auf 7 Prozent gesenkt. Das ist für unsere Betriebe nur ein durchlaufender Posten, hebt aber durchaus die Kaufkraft der Verbraucher. Um Handwerk und Mittelstand zu entlasten und Arbeits- sowie Ausbildungsplätze zu sichern, drängen wir auf ein Vorziehen der Gaspreisbremse.“ Dass die Gaspreisbremse gegebenenfalls im Februar und die Strompreisbremse zu Jahresbeginn kommen soll, begrüßt der Kammerpräsident, kritisiert aber zugleich: „Völlig verfehlt und nicht praktikabel ist die Versteuerung des geldwerten Vorteils durch die Hilfe für alle, die derzeit noch mit dem Solidaritätszuschlag belastet werden. Das ist ungerecht gegenüber kleinen und mittleren Betrieben und konterkariert den Hilfseffekt!“ Peteranderl forderte, das Handwerk bei den Entlastungen angemessen zu berücksichtigen: „Es geht darum, die Existenz der Unternehmen zu sichern – unabhängig von der Größe. Handwerk und Mittelstand dürfen nicht stärker belastet werden, als Großunternehmen und Industrie.“

Hauptgeschäftsführer Dr. Frank Hüpers ging in seiner Rede vor der Vollversammlung vor allem auf die Herausforderungen bei der Nachwuchsgewinnung und Fachkräftesicherung im oberbayerischen Handwerk ein. Er verwies auf gut 8.400 neu abgeschlossene Lehrverträge bis Ende Oktober. Dies bedeutet ein Plus von 2,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Gegenüber Oktober 2019, der Vor-Corona-Zeit, liegt die Zahl der Neuabschlüsse immer noch um rund 500 Lehrverträge zurück. „Unsere Betriebe würden gerne mehr ausbilden. Doch knapp 23 Prozent der angebotenen Lehrstellen konnten in diesem Jahr nicht besetzt werden“, betont Hüpers.

Um dies zu ändern, halten laut einer Umfrage der Handwerkskammer mehr als zwei Drittel der Betriebe eine bessere Berufsorientierung in allen Schularten für die geeignete Stellschraube. Da die schwierige Situation am Ausbildungsmarkt auch den Fachkräftemangel weiter verschärfe, sollten alle Potentiale bei der Fachkräfteakquise ausgeschöpft werden, so Hüpers: „Wir müssen mehr Frauen, mehr Ältere und mehr Inländer mit Migrationshintergrund für das Handwerk gewinnen. Die Politik muss dafür die Berufsorientierung an Schulen verstärken und die Förderung der beruflichen Bildung intensivieren. Außerdem muss die Anwerbung von qualifizierten Fachkräften aus dem Ausland auch für Handwerksbetriebe erleichtert werden.“ Der Hauptgeschäftsführer verwies auf verschiedene Aktivitäten der Handwerkskammer, um die berufliche Bildung in allen Facetten zu fördern. Ein Beispiel ist das Projekt „Inkas“, das die Hürden von Menschen mit Behinderung für eine Ausbildung im Handwerk senken soll.

Die Vollversammlung ist das „Parlament“ der Handwerkskammer und vertritt die rund 79.300 oberbayerischen Handwerksbetriebe. Sie besteht aus 42 selbstständigen Handwerkerinnen und Handwerkern und 21 Vertreterinnen und Vertretern der Arbeitnehmerseite.

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