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Ines Wagner

Handwerk macht Mode: Internationale Handwerksmesse MünchenExempla 2007 - "Handwerk macht Mode"

Ob Sari, Kimono oder Geschäftsanzug, Kleidung vermittelt einen Eindruck der Kultur, Schicht, Persönlichkeit oder Religion eines Menschen. Schon in der Antike war die Kleidung ein Merkmal der Standeszugehörigkeit, die mit genauen Vorschriften belegt war. Immer war Kleidung einem Wandel und Veränderungen, Moden, unterzogen. Jede neue Mode brachte neue Verhaltens-, Denk- und Gestaltungsmuster, neue Wertungen mit sich. Heute ist sie vor allem ein Mittel der Selbstdarstellung, ein Ausdruck des Lebensstils.

2006 wurde der Bereich "Mode und Modeaccessoires" erstmals ins Konzept der internationalen Handwerksmesse München aufgenommen. Ein kluger Schachzug, das belegen die Besucherzahlen. Das Thema ist hoch aktuell und es bietet einer ganzen Reihe von kreativen Handwerksberufen die Möglichkeit zur Darstellung.

Um diesem neuen Bereich auf der Münchner Handwerksmesse durch außergewöhnliche Beiträge Impulse und letztlich noch mehr Attraktivität zu geben, wird sich die internationale Sonderschau Exempla 2007 mit dem Thema Mode beschäftigen. Dabei soll der Fächer von der Tradition und Folklore bis hin zu avantgardistischen, extravaganten jungen Modedesignern aufgeschlagen werden. Das Thema Ausbildung wird angesprochen, handgefertigte Stoffe, Accessoires, Modefotografie und junge Modeschöpfer werden in Ausstellung in oftmals ungewöhnlicher Weise vorgestellt.

Ausbildung
Im Zentrum der Exempla-Präsentation wird die Deutsche Meisterschule für Mode stehen. Die 1931 in München gegründete Modeinstitution zeichnet eine breite, praxisnahe Ausbildung mit gestalterischer Ausrichtung aus, bei der aber technisch-handwerkliche, grafische und marketing-orientierte Aspekte ebenso berücksichtigt werden. In der Exempla wird die Deutsche Meisterschule erstmals die brandneue Frühjahrs-Kollektion vorführt. In einer lebenden Werkstatt kann das Publikum Modellierarbeiten zum Rokoko-Thema "Die Einschiffung nach Kythera" live verfolgen.

Der Siegeszug der britischen Designer bis an die Spitze der internationalen Modewelt nahm in den letzten 15 Jahren häufig den Anfang in der Ausbildung am Central Saint Martins College of Art and Design in London, der weltweit wohl berühmtesten und wichtigsten Schule für Mode. Modeschöpfer wie Alexander McQueen, John Galliano oder Stella Mc Cartney wurden hier ausgebildet. In der Exempla werden die Arbeiten von Absolventen dieser Kaderschmiede der Mode ausgestellt.

Nicht weniger innovativ und berühmt ist die Modeklasse der Royal Academy in Antwerpen, die neuerdings vom belgischen Enfant Terrible, Walter van Beirendonck, geleitet wird.

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Diese Ausbildungsstätte ist vor allem für ihre hochwertige und solide Arbeit bekannt. In der Exempla werden die Kollektionen des 2. Studienjahres aus dem Jahr 2006 gezeigt. Es sind faszinierende Outfits, die das außergewöhnliche Niveau der Schule demonstrieren.

Junges Modedesign und Modefotografie
Frank Leder ist mit seinem eigenen Label gleichen Namens vor allem in Japan erfolgreich. Der junge Nürnberger, der seine Ausbildung am Central Saint Martins erhielt, gehört mittlerweile fest zur jungen Berliner Modeszene. Seine Entwürfe und Modelle zeichnet große Handwerklichkeit und vor allem ein hoher Anspruch an Qualität aus. Alles ist Handarbeit, bis hin zum handgeschriebenen Etikettenschildchen und der inpiduellen Verpackung. Gerade im detailversessenen Japan boomt der Verkauf seiner inpiduellen Männer-Kollektionen mit Titeln wie "The Grey Wolves" oder "Kleinstadt". Frank Leder arbeitete schon während seines Studiums in London als selbständiger Designer und verkaufte seine Modelle an die Avantgarde-Boutiquen wie "The Pineal Eye" in London. Seine Kleidung ist szenig und edel zugleich, beides erst auf den zweiten Blick. Doch gerade darin liegt ein großer Reiz. Frank Leder greift zurück in den Formenvorrat der Vergangenheit, doch dies geschieht fernab vom "Retrolook". Er zitiert die Welt unserer Großeltern und die Entwürfe können schon ein bisschen an "Opa", dann wieder an Heinz Erhard oder an drittklassige Hollywoodstars der 40er Jahre erinnern.

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Fotografieren lässt Frank Leder seine Kollektionen vor allem von Gregor Hohenberg. Es sind keine glamourösen Studioaufnahmen, stattdessen wird die Mode im Spreewald, in U-Booten, in Schrebergartensiedlungen aufgenommen. Stets schwingt Ironie mit, oft werden Klischees angesprochen. Die Frühjahrs/Sommerkollektion von Leder steht unter dem Motto "Afrika". Die wunderbaren Hemden, Jacketts und Krawatten aus feinsten Stoffen wurden von Gregor Hohenberg in der Pose von Möchtegern-Filmhelden in Szene gesetzt.

Das Korsett
Filme wie "Moulin Rouge" oder "Maria Antoinette" rückten das Korsett und das Mieder wieder in unser Blickfeld. Bis ins frühe 20. Jahrhundert prägte dieses Kleidungsstück die Silhouette der europäischen Frau. Heute gibt es nur noch wenige Spezialisten, die Mieder in Handarbeit herstellen, zu ihnen gehört Astrid Pflanz-Engelhardt. 1997 gründete sie die Korsettwerkstatt Auguste Bodenstein. Als Vorlage für ihre Kreationen dient meist die Historie, die verwendeten Stoffe und Materialien sind jedoch auf modernem Standart. Fischknochen und Metallstäbchen sind passé, jetzt sorgen Kunststoffstäbchen dafür, dass das Tragen des Korsetts weniger beschwerlich ist und nur noch die positiven Effekte zum Tragen kommen. Das Ergebnis wird natürlich mittlerweile als Oberbekleidung getragen, die Mieder von Astrid Pflanz-Engelhardt sind zu schön, um versteckt zu werden.

Maßschneider
In der Exempla 2007 wird das Maßschneideratelier des Landesinnungsverbandes der Maßschneider eine lebende Werkstatt betreiben und so dem Publikum die vielen Arbeitsschritte, die für einen Maßanzug oder für ein Maßkleid nötig sind, vorführen. Mehr als 20.000 Stiche benötigt man für die Fertigung eines Anzuges oder eines Kostüms und nach jedem Arbeitsschritt wird der Stoff erneut gebügelt.

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Strickdesign
Die von Cécile Feilchenfeldt ausschließlich an der Strickmaschine und in einem Stück gefertigten Textilien sind überraschend in ihren Formen wie auch in den Material- und Farbkombinationen. Sie beschäftigt sich intensiv mit der Idee des Accessoires und sucht darin das Verzauberte, das Fantastische, die Leichtigkeit des Seins. Accessoires wollen Akzente setzen, auffrischen, beleben, auffallen. Ihre Wirkung entfalten die Stücke nur am Körper und in Verbindung mit dem Menschen. Cecile Feilchenfeldt reizt die Veränderbarkeit von Accessoires, dass sie variabel getragen werden können. Sie wünscht sich einen spielerischen Umgang mit ihren Kleidern und dem Beiwerk.

Accessoires
Die klassischen Accessoires wie Hüte, Gürtel, Taschen, Tücher und Schmuck werden von Kunsthandwerkern aus den Niederlanden, Italien und Deutschland präsentiert. Die Modistin Mirjam Nuver aus Amsterdam fertigt ihre Hüte aus klassischen Materialien wie Filz, Sisal, Panama und Bortenstroh, setzt diese jedoch auf innovative Weise ein. Sie modelliert die Hüte, d.h. sie arbeitet ohne vorgeformte Holzmodel.

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Das Material wird eingeschnitten, genäht, gefaltet, geknetet und ausgereckt. Größten Wert legt Mirjam Nuver darauf, die persönliche Ausstrahlung der Trägerin zu unterstreichen. In der Balance zwischen Tragbarkeit und Originalität liegt das Geheimnis ihrer Hüte, die oftmals ungewöhnliche grafische oder skulpturhafte Elemente charakterisieren.

Die Handtasche ist gerade einmal 100 Jahre als, doch sie avancierte zum wichtigsten Begleiter einer Frau. Die Zwillingsschwestern Claudia Eckert und Coco Syring fertigen ihre Taschen und Etuis aus gewebtem Leder. Wichtig ist den beiden Hamburgerinnen die Homogenität von Form, Material und Technik und die Oberflächentextur. So lassen in ihren Stücken eingewebte Nylonfäden die Webstruktur oft wie Perlenschnure erscheinen, dann wieder sorgen Plissierungen für interessante Licht- und Schattenreliefs. Die Farbe dient zum Akzentuieren. Als Obermaterial dient nicht nur feinstes Leder, für Abendtaschen weben sie auch Microbast, Satinband oder Draht ein. Maria Verburg zeigt in der Ausstellung die Anfertigung ihrer Taschen aus Papier.

Schuhe
Eine Auswahl von Jan Jansen Modelle aus den Jahren 1960-2006 wird in der Exempla das Thema Damenschuhe in höchst extravaganter Weise durchspielen. Der Niederländer sieht den Schuh als wichtigstes Accessoire der Bekleidung. Seine ungewöhnlichen, architektonischen und skulpturalen Entwürfe sind tragbare Objekte von großer ergonomischer Qualität. Es sind "Fetischobjekte", auffallende Stücke für den gossen Auftritt, aber auch Mokkasins für den ausgedehnten Stadtspaziergang. Was alle Jansen Schuhe auszeichnet: sie erscheinen aus einem Guss und sie sind sexy. Mit Entwürfen wie den hochhackigen "Sneaker" (1977), der sich in den USA eine Million Mal verkaufte, setzte er Trends. 1990 und 1991 hatte Jan Jansen die Idee zu seiner "Linea erotica". Die skulpturalen Effekte nahmen nun einen noch sinnlicheren Charakter an, rotgepolsterte Lippenformen und herzförmige Kappen wurden charakteristisch. Gleichzeitig inspirierte der Sport Jansen zu Stiefeln und bequemen Schuhen mit aerodynamischen Elementen.

Stefano Bemer aus Florenz stellt in seiner Maßschuhmacher-Werkstatt in der Exempla das Thema "klassischer, zeitloser Herrenschuh" vor.

Schmuck
Das klassische Metier der Gold- und Silberschmiede hat sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts fundamental gewandelt und von traditionellen Materialzwängen befreit. Die ausgefallenen Schmuckarbeiten, Gürtel und Taschen der Berlinerin Svenja John sind beredetes Zeugnis für diese Entwicklung. Die filigranen Ohrgehänge, Anhänger, Broschen und Armreifen sind fein gesponnene Gebilde aus dem leichten, durchsichtigem Material Makrolonâ, einem Material, das normalerweise bei Alltagsgegenstände, DVDs, CDs, Autoscheinwerfer, Brillen oder elektrische Schalter, zum Einsatz kommt. Svenja John arbeitet seit zehn Jahren mit diesem ebenso festen wie biegsamen Polycarbonat, das nicht spröde wird und Licht durchscheinen lässt. Die Ergebnisse sind faszinierend, so ließ bereits Christina Lacroix eine seiner Kollektionen mit Schmuck von Svenja John bestücken.

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Der Schmuck von Alexandra Bahlmann, meist Halsschmuck und Ohrringe, ist fein, zart, weiblich. Die zentralen Faktoren in Alexandra Bahlmanns Schmuckentwürfen sind Linie und Ornament und die Umsetzung von Linie und Ornament in die Dreidimensionalität.
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Sie setzt ihren Halsschmuck aus einer Art von Modulen zusammen, d.h. sie schafft als Grundmotiv eine Form, die geometrisch, ornamental, dekorativ oder auch alles zusammen sein kann. Diese Module oder Elemente reiht sie aneinander und kreiert auf diese Weise einen Rhythmus. Die Schmuckstücke sind durch Beweglichkeit, Dreidimensionalität und Opulenz gekennzeichnet. Die bewusste Auseinandersetzung mit antikem Schmuck und Modeschmuck sind im Moment die beiden Pole, die sie in ihrer Arbeit ausloten möchte. Es ist vor allem der Schmuck des Jugendstils, seine Üppigkeit und Farbenpracht, seine technische und handwerkliche Vollkommenheit, worauf sie ihre Konzentration richtet. Sie arbeitet viel mit Süßwasserperlen und Perlen aus Edelsteinen, die sie effektvoll in Szene setzt. Ihre Arbeiten haben dabei häufig etwas Textiles, sie wirken filigran, fast wie aus Metall und Edelsteinen gewirkte Spitzen.

Stoffe
Natürlich darf bei einer Ausstellung über Mode der Werkstoff selbst, der "Stoff" nicht fehlen. Die Qualität eines Stoffes ist oftmals entscheidend für ein Kleidungsstück. Bei der Herstellung von Stoffen hat sich im 20. und 21. Jahrhundert viel verändert. Vom handwerklich, perfekt gewebten Baumwoll-, Seiden- und Wolltuch hin zum experimentellen am Computer-designten und am Computerwebstuhl gestalteten modischen Stoff ist die Spannweite enorm groß. Ein Teil der Stoffe wird bis heute handwerklich gefertigt. In der Exempla 2007 werden klassische Tweedstoffe, von Hans Merkel gewebt, aber auch neue experimentelle Stoffe, die den Weg in die Zukunft weisen, ausgestellt.

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Die in Nürnberg lebende Koreanerin Myong-Ae Kyong stellt "schaumbedruckte" Stoffe her, d. h. sie bearbeitet synthetische Stoffe mit Siebdruck und erhält aufregende neue Strukturen. Von einem mehrmonatigen Aufenthalt in Tokio und unterschiedlichen japanischen Textiltechniken inspiriert, entwarf, programmierte und strickte Textildesignerin Ines Wagner eine Serie 3-dimensionaler Gestricke mit dem Titel "Japanisch Stricken" (Titelbild). Die geknitterten und gefalteten Textilstrukturen, die an die Kunst des Shibori anlehnen, spielen mit der Formensprache geometrisch klarer Linien. Nahtlos gestrickte Kleidungsstücke mit überlangen Ärmeln zitieren traditionelle japanische Gewandformen – und schlagen anhand der Stricktechnologie einen Bogen nach Europa. 

Tracht und Folklore
Die Tracht ist ein Kleidercode einer bestimmten Region, eines Landes oder der Angehörigen einzelner Ethnien, für die Mode ist sie eine Inspirationsquelle, wie auch immer die Mode Tracht und Folklore beeinflusst hat. Die Exempla 2007 wird herausragende Beispiele in der süddeutschen und alpenländischen Tracht vorstellen, aber auch auf die asiatische Traditionen, auf den japanischen Kimono und den koreanischen Hanbok, hinweisen.

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Die Biedermeier-Schalks, Leihgaben aus dem Trachteninformationszentrum in Benediktbeuern, sind von einer Finesse und Farbenpracht, die kaum vorstellbar ist und belegen die These "Tracht ist Mode". Zarteste Stoffe in orange, rosa und rot wurden zu Borten gelegt, feinst bestickt und abgenäht, sie sind ein Festmahl für die Augen und meilenweit entfernt vom Oktoberfest- und Dirndlklischee.

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Die durch ihre Eleganz und Schlichtheit bestechende Tracht der Bregenzer-wälderinnen, die Juppe, wird aus schwarzer Glanzleinwand hergestellt. Die einzelnen komplizierten und aufwändigen Stufen der Veredelung des Leinenstoffes für den Juppenrock werden ausschließlich in der Juppenwerkstatt in Riefensberg durchgeführt. Ein Besuch in dieser Werkstatt sei jedem empfohlen. In Japan wäre die Werkstatt längst zum "lebenden Nationalschatz" erklärt worden, so aufwändig ist die Herstellung und so faszinierend das Ergebnis. Der geleimte Juppenstoff wird durch einen Glättprozess glänzend gemacht und anschließend plissiert. Im wahrsten Sinne des Wortes bekrönt werden diese Kleidungsstücke von Schäppalen, d.h. kleine Krönchen aus Perlen, Steinen, Gold- und Silberdraht. Aus dem Kontext gelöst vermeint man ein ausgefallenes Stück Autorenschmuck zu sehen.

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